Der Theatereinsturz in Schleiz
Der Theatereinsturz in Schleiz
Es war der 5. Juni 1842, einem Sonntag, als in Schleiz die Theaterzettel anzeigten, dass heute die bekannte Oper „Zar und Zimmermann“, von der Weißenbornschen Schauspieltruppe gegeben werde. Viele hunderte Einwohner von Schleiz strömten in das nach dem Brande 1837 wiederaufgebaute Reithaus. Nach 7 Uhr abends war das Parterre, alle Logen und die Sperrsitze besetzt, kurz alle Räume fast überfüllt. Der Durchlauchtigste Fürst selbst war zugegen, und die Fürstin Mutter hatte auf der ersten Reihe ihren Platz eingenommen. Wohl 800 Menschen harrten der Ouvertüre entgegen. Kaum war die erste Scene vorüber, ließ sich ein leichtes Rauschen und Knistern hören, dem man im ersten Moment wenig Aufmerksamkeit schenkte. Plötzlich ward es stärker und stärker. Ein Schmerzensruf lenkte die Augen aller an die wellenförmig bewegende Decke des Hauses. Hunderte Kehlen schrien: „Die Decke stürzt ein „. Innerhalb einer Sekunde waren die Menschen unter Chaos von Bretter und Mörtel begraben. Einen Augenblick herrschte Totenstille, das ganze Haus wie eine Leichenkammer. Das war aber das geringste Unglück des schrecklichen Abends gewesen. Die herabfallende Decke, die nur aus Schilf, Gips und der Beleuchtung bestand, hat keinen großen Schaden angerichtet. Jeder aber glaubte das, das Gebälk und das Dach nachstürzen würde und alles zerschmettern werde. Bis jetzt hat der Tod noch kein Opfer verlangt, doch im blinden Schrecken drängte sich die Menge in der Finsternis nach den Ausgängen. Die vordersten Menschen stürzten die Stufen hinab die ins Freie führten, auf diese sprangen und fielen die Nächsten, von der nachschiebenen Masse gedrängt, und über die Zertretenen, Erstickten und Zermalmten schritten andere hinweg, um dasselbe Schicksal zu finden. Das Gefühl das Angst erstickte die Barmherzigkeit und der Trieb zur Selbsterhaltung, riss die Leute vorwärts. An diesem Abend starben 22 Menschen, es gab 25 Schwerverletzte und 144 Verletzte. Jedes Haus in Schleiz fand sich in näherer oder entfernter Beziehung zu einem Verstorbenen, und fast überall sah man Trauerflor. Die Einsturzursache waren zu kurze Nägel für die angebrachten Deckenbretter, nachdem die Reithalle nach dem Stadtbrand 1837 wiederaufgebaut wurde.
Schleizer Chronik
Bild: Reithalle, späteres Turnerheim Pahlhornstraße Schleiz
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