Zum 100. Jubiläum der Berthold-Schmidt-Straße
Dr. Berthold Schmidt †
Am 11. Mai 1929 starb in Schleiz der Altmeister der reußischen und vogtländischen Geschichtsforschung. Geheimer Archivrat Dr. Berthold Schmidt. Mit ihm ist ein Mann dahingegangen, dessen ganzes Lebenswerk der Heimat und ihrer Geschichte galt, dessen Arbeiten das Dunkel gelichtet haben, das über der Frühgeschichte unseres Reußen- und Vogtlandes lag. Ohne die Werke Berthold Schmidts ist ein Studium und Arbeiten in unserer Heilsgeschichte undenkbar. Geboren am 12. Januar 1856 in Ivenack, besuchte er das Gymnasium zu Wismar und studierte von 1877—1881 in Leipzig, Berlin und Jena Philologie und Geschichte. Sein Studium führte ihn auf die reußische Geschichte, in der trotz der Arbeiten des Grafen Heinrichs XXVI. Reuß Ebersdorf nicht nur Unklarheit, sondern ein Dunkel herrschte, das durch einen Wust falscher und erdachter Nachrichten noch verstärkt wurde; es auf Grund wissenschaftlicher Arbeit zu durchdringen und zu durchleuchten, machte Berthold Schmitdt sich zur Aufgabe, und er hat sie vortrefflich gelöst. Schon sein Vortrag auf der Generalversammlung des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde 1883 in Gera über „Kritik zur Geschichte der Ahnen des Reußischen Hauses“ und noch mehr seine Doktorarbeit in demselben Jahre über „Arnold von Quedlinburg und die ältesten Nachrichten Hauses“ wirkten bahnbrechend. Keiner war geeigneter, die Bearbeitung des vogtländischen Urkundenbuches in die Hand zu nehmen, die ihm der Verein 1883 übertrug, und das 1885 und 1892 in zwei Bänden als unentbehrliche, zuverlässige Grundlage für alle Arbeiten in der reußischen und vogtländischen Geschichte erschien. Im Jahre 1884 berief ihn Fürst Heinrich XIV. als Archivar nach Schleiz, ernannte ihn 1898 zum Archivrat und Fürst Heinrich XXVII. 1918 zum Geheimen Archivrat. Hier in den abgelegenen stillen Räumen des Fürstlichen Hausarchivs entstanden alle die Arbeiten, durch die erst eine reußische Geschichtsforschung im strengen Sinne geschaffen wurde, und die dem Namen Berthold Schmidts in der deutschen Geschichtswissenschaft einen guten Klang gegeben. Aus der großen Fülle weit über 100 von Veröffentlichungen zur Landes-, Familien- und Ortsgeschichte, Münz-, Wappen- und Siegelgeschichte, sei nur auf einige hingewiesen. Die Krone aller seiner Werke ist die 1903 erschienene Genealogie des Gesamthauses Reuß „Die Reußen“, der sich weitere Arbeiten zur Geschichte des Fürstenhauses anschlossen. Mit Karl Knab gab er die „Reußische Münzgeschichte“ heraus. Zahlreich sind die von ihm bearbeiteten Familiengeschichten, unter denen die des Geschlechts v. Malzan und Maltzahn in erster Linie zu nennen ist. Ein Muster für alle Ortsgeschichten ist seine dreibändige „Geschichte der Stadt Schleiz“. Seine letzte größere Arbeit war die „Geschichte des Reußenlandes“. Eine Anzahl Arbeiten führen ihn in die Geschichte seiner Heimat. Auch in der Poesie hat sich Berthold Schmidt mit Erfolg versucht, und sein historisches Schauspiel „Der Stadtschreiber von Schleiz“ fand bei seiner Aufführung durch das Fürstliche Hoftheater ungeteilten Beifall. Seine fleißigen, grundlegenden Arbeiten brachten ihm auch Anerkennung und Ehrungen; zahlreiche Ordensauszeichnungen wurden ihm zuteil, die vogtländischen altertumsforschenden Vereine in Hohenleuben, Schleiz, Greiz, Weida und Plauen ernannten ihn zum Ehrenmitglied. Die Stadt Schleiz benannte eine Straße nach seinem Namen. Die Stadt Schleiz ehrte Schmidt zu seinem 40-jährigen Dienstjubiläum, mit der Benennung einer Straße.
Gefunden im Stadtarchiv Schleiz von Ingo Möckel in „Oberland“ 1930 Seite 55
Foto: Hofphotograph Heinrich Körner