Kriegsschaden Schlossbrand vom 8. April 1945
Kriegsschaden Schlossbrand vom 8. April 1945-Polizeiliche Ermittlungen und Verhandlungsprotokolle von 6. Juni 1945 mit Zeugenaussagen
Betreff: Kriegsschaden Alfred M. -Landwirtschaftrat- in Schleiz - Bericht zum Beschluss vom 2. Juni 1945 -Oberbürgermeister - Es wurden vernommen 1. Frau H., deren Tochter Herta beide wohnhaft Schleiz 3. Hauswart – Schlossverwalter- L. und dessen Ehefrau wohnhaft in Schleiz Schloss. 4. Angestellter Martin S. wohnhaft in Schleiz Hindenburgstraße
Sämtliche Zeugen sagen übereinstimmend aus, dass der Bombenangriff lediglich den rechten Teil des Schlosses zerstört hat und das Feuer dadurch nicht entstanden ist. Diese wurde vielmehr entfacht durch die im linken Flügel befindliche Küche, in der das Essen für die Wehrmachtsformation „Feldherrnhalle“ zubereitet worden ist. Die Kochfrauen haben das Feuer morgens in der Zeit von 7 bis 8 Uhr angelegt und etwa um 10 Uhr nachgelegt, damit die Mannschaft, wie üblich, um 12 Uhr essen kann. Dadurch, dass das Feuer im Herde brannte und besonders dadurch, dass es nach dem Bombenangriff, d.h. also gegen 10 Uhr angeschürt wurde, ist nach übereinstimmender Ansicht aller Zeugen das Schadenfeuer entstanden. Der Ausbruch des Brandes war nicht zu vermeiden, nachdem sich Holzbalken und sonstiges leicht brennbares Gerümpel über den Schornstein gelegt hatten und dieses dem im Herde befindlichen Feuer willkommene Nahrung bot. Ein Löschen dieses Feuers sei - nach Ansicht des Zeugen L.- unmöglich gewesen, da es an Wasser mangelte und im Übrigen die durch den Terrorangriff Verwundeten geborgen werden mussten. Ergänzend sei bemerkt, dass der Zeuge L. weiß, dass Feuer Tag für Tag morgens 7 bis 8 Uhr angemacht worden ist. Ob die Kochfrauen gegen 10 Uhr nachgelegt haben, entzieht sich seiner Kenntnis. Frau L. dagegen gibt mit Bestimmtheit an, dass gegen 10 Uhr nachgelegt wurde. Die Zeugen H. und S. können sich über diesen Punkt nicht auslassen. Anmerkungen der Polizei: Nach der Lage des Falles steht einwandfrei fest, dass der Verlust, dem den der Landwirtschaftsrat M. geltend macht, ein Kriegsschaden im Sinne der einschlägigen Bestimmungen nicht ist. Es ist sogar der ursächliche Zusammenhang zwischen Bombenangriff und Schaden zu verneinen, da der linke Flügel nach übereinstimmender Aussage aller Zeugen vom Angriff verschont gewesen ist. Es sind dort lediglich 2 Bomben niedergegangen, die einen Schaden nicht verursacht haben, insbesondere ist ein Feuer dadurch nicht entfacht. Übereinstimmend mit dem Bericht vom 1. Juni 1945 wäre der Schaden somit zu verneinen. Zuständig der Regelung derselben ist vielmehr die Privatversicherung. Ob und inwieweit Dritten eine strafrechtliche Handlung durch die Entstehung des Schadenfeuers vorgeworfen werden kann, ist nach dem bisher ermittelten Tatbestand nicht zu entscheiden. Es fragt sich 1. ob die Kochfrauen oder andere unter Beachtung aller Umstände und aller ihnen zuzumutenden Einsicht und Sorgfaltspflicht verpflichtet waren, dass morgen zwischen 7 und 8 Uhr angemachte Feuer während des Bombenangriffes zu löschen, 2. ob die Kochfrauen unter Beachtung 1. aufgeführten Umstände fahrlässig –bewusst oder unbewusst- gehandelt haben, als sie das Feuer nach dem Bombenangriff angeschürt haben und ob inwieweit Dritte, z.B. der Hauswart, verpflichtet gewesen wäre, das Anfachen, bzw. das Anschüren des Feuers durch die Kochfrauen zu unterbinden. Zu einer Entschließung über die Schuldfrage könnte man nur dann gelangen, wenn Gelegenheit bestände, die Kochfrauen - es werden 3 bis 6 Personen genannt- zu verhören. Dies ist an Ort und Stelle nicht möglich, da diese bei der Formation „Feldherrnhalle“ bedienstet waren und mit dieser fortgezogen sind.
Schreiben der Thüringische Landesbrandversicherungsanstalt in Gotha -Vorstand-
Wie mein mit den Ermittlungen in der Schadenssache beauftragter Beamter festgestellt hat, ist der Brand des Schlosses in Schleiz am 8. April 1945 zwar erst nach 3 Stunden nach dem Fliegerangriff zum Ausbruch gekommen, jedoch besteht kein Zweifel, dass die Ursache des Brandes nur auf die Zerstörung zurückzuführen ist, die dem Schloss durch den vorhergehenden Bombenangriff davon getragen hatte. Wie die Zeugenaussagen ergeben, hat sich der Brand im rechten Schlossflügel entwickelt, und zwar in der früheren Hof Küche, in der Nähe der vor dem Angriff dort stehenden Herde. Dass dieser Teil des Schlosses durch mehrere Bombentreffer stark beschädigt wurde, ist ebenfalls von Zeugenaussagen gestützt. Es steht danach fest, dass der Brand ursächlich mit dem Kriegsgeschehen unmittelbar zusammenhängt. Demgegenüber ist der Umstand, dass das Feuer erst nach 3 Stunden bemerkt wurde, ohne Bedeutung für die Beurteilung der Rechtslage. Die Anstalt haftet nicht für Schaden, die mit Kriegsereignissen unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang stehen; ich bedauere daher außerordentlich, Ihren Ersatzanspruch nicht berücksichtigen zu können, stelle Ihnen vielmehr anheim, Ihren Schaden erneut beim Kriegsschädenamt geltend zu machen.
Gefunden im Stadtarchiv Schleiz in Akte C-2-8-491 von Ingo Möckel
Foto: Schlossruine (Wache) Foto-Schilling Schleiz