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Der Pestmann in Schleiz und die Pestjungfrau in Posen

23.08.2023

  

In der Grabkapelle Heinrichs des Mittleren von Gera im Turmerdgeschoß unserer Bergkirche befindet sich der Grabstein für Hans von Kospoth (gestorben 1575), der früher in der Kospother Kapelle gestanden hat. Dieser hier in Stein gehauene Ritter ist unter dem Namen „Pestmann" bekannt, da er die Pest in Schleiz eingeschleppt haben soll, der in kurzer Zeit etwa 650 Bewohner zum Opfer fielen. Es wird erzählt, dass die Schullinder nach seinem Begräbnis in dem Leichenwagen mit vom Berg herunter nach der Stadt gefahren und die ganze Stadt angesteckt hätten. Brückners Landeskunde nennt unter den Gegenständen, die unsere Bergkirche sehenswert machen auch „das Steinbild des sogenannten Pestmannes Hans von Kospod, der 1575 die Pest aus Ungarn nach Schleiz zum Verderben für 700 Personen verpflanzt haben soll.“ Ähnliche Erzählungen und Sagen mögen in Deutschland überall anzutreffen sein. Häufiger als vom Pestmann erzählt die Sage von einer Pestjungfrau. Nach Knoop sind derartige Pestsagen besonders in der Provinz Posen ziemlich häufig. So hat die Stadt Posen auch ihre Pestjungfrau. Die Sage erzählt, dass einst in die Stadt ein Zigeuner mit einem Affen kam und auf den Straßen ihre Kunststücke zeigten. Als ein Zuschauer dem Affen ein Stück Brot geben wollte, nahm er es nicht an. Daraus schloss das Volk, dass die beiden die Niewiasta, die Pestjungfrau, mit sich führten, die mit Zigeunern und Bettlern zu wandern pflegte und ein furchtbares Gespenst gewesen sein soll. Wohin sie kam, richtete sie durch ihren Gifthauch unter den Menschen eine furchtbare Verheerung an. Deshalb stürzte sich jetzt das Volk auf den Zigeuner und den Affen und schlug beide nieder. Doch die Pestjungfrau, die auf dem Kopfe des Affen gesessen hatte, flüchtete sich schnell auf ein Dach und blies von dort aus ihren Gifthauch in die Straßen von Posen, sodass viele Bewohner der Stadt starben. Fährt man von Fielehne nach Rogasen, so führt die Bahn zwischen Güldenau und Ritschenwalde an einer Wiese vorbei, die Korboska (poln. kara boska- Strafe Gottes) genannt wird. Die Sage erzählt, dass in den Kämpfen der Schweden mit den Polen in einem schwedischen Lager auf dieser Wiese die Pest ausbrach. Der Feldherr wünschte nichts sehnlicher, als die verheerende Krankheit nach dem nahen schönen und großen Dorfe Polajewo geschleppt. Ein schwedisches Weib führt diesen Wunsch aus; sie besorgte in Polajewo Einkäufe und schleppte die Pest dort ein; fast der ganze Ort starb aus. Die wenig überlebenden Leute sahen dies als eine Strafe Gottes an und nannten die Wiese, von der das Unheil ausgegangen war, kara boska, und diesen Namen trägt sie heute noch.

Reussischer Erzähler 22.Oktober 1910

Bild abrufbar unter:

dana.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/dana_derivate_00011470/Stadtarchiv_Schleiz_3564.tif