Hinweis: Um die korrekte Darstellung der Seite zu erhalten, müssen Sie beim Drucken die Hintergrundgrafiken erlauben.

Blutiger Sonntag

08.04.2023

8.April 1945 Blutiger Sonntag

In den frühen Morgenstunden des 8.April 1945 stiegen 155 Flugzeuge Havoc und Invader von ihren Plätzen in Laon/Frankreich auf. Ihr befohlenes Ziel war das Treibstofflager in Münchenbernsdorf. 9,14 Uhr erschienen die ersten Maschinen und warfen nach Sicht 560 150 Pfund schwere Sprengbomben ab. Die Besatzungen schätzten die Ergebnisse ihrer Tätigkeit mit „exzellent“ ein. Eine halbe Stunde später tauchte die nächste Welle auf, der noch zwei weitere folgten. Als nach einer Stunde das letzte der insgesamt 123 bombardierenden Flugzeuge abdrehte, waren 136 500- sowie 1678 150-Pfund-Sprengbomben mit einer Gesamttonnage von 145 t gefallen. Lodernde Feuer und dicker schwarzer Rauch im Zielgebiet zeugten von einer im Sinne der US-Bomber erfolgreichen Arbeit. Die Treff- Genauigkeit der ersten Welle verschlechterte jedoch die Sichtbedingungen der nachfolgenden Einheiten. Ein Teil der Bomben fiel deshalb in offenen Felder, in den Wald oder auf eine Fernstraße südwestlich des Zielpunktes. Einige Einheiten flogen weiter und griffen das befohlen Zweitziel Schleiz oder Pößneck an. 25 Bomber der 409. Bombergruppe warfen am 8. April bei bester Erdsicht von 10.21 bis 10.31 Uhr aus 2 500 bis 2900 m Höhe 500 150 Pfund schwere Sprengbomben (34 t) auf das Stadtzentrum von Schleiz. Die Besatzungen beobachteten, wie die Bomben auf dem Schnittpunkt einer von Norden nach Süden führenden Hauptstraße mit einer zweitrangigen Ost-West-Straße einschlugen. Viele anliegende Gebäude erhielten Voll- oder Nahtreffer. Die Bomben bedeckten auch ein sehr großes u-förmiges Gebäude und Teile eines anderen von ähnlicher Beschaffenheit. Voll- oder Nahtreffer bei kleineren Gebäuden in den Zugangsstraßen im Angriffsgebiet konnten ebenfalls festgestellt werden. Insgesamt bewerteten die Flieger die Bombardierung mit exzellent. Sogar dem US-Rundfunk soll die Operation eine Meldung wert gewesen sein. Für Schleiz bedeutete die „hervorragend gelungene“ Bombardierung viele Tote. Unter den Opfern befanden sich viele Kinder und Jugendliche. Allein 21 Jungen aus Düsseldorf starben im Hotel „Zur Sonne“, in dem sich ein KLV-Lager befand. Die Verwüstungen, welche die drei abgeworfenen Bombenteppiche anrichteten, waren erheblich. „Der erste zerstörte das Schloss, den Marstall mit den beiden Nebengebäuden, das Turnerheim und die Hinterhäuser der damaligen Elisenstraße. Die zweite Bombenserie traf die Stadtkirche und ihre Umgebung, und die dritte fiel in die Gegend des Amtsgerichts und des Hotels ‚Zur Sonne’ (Schmiedestraße). Einzelne Bomben fielen auf den Neumarkt und vernichteten dort das Haus des Konsumvereins und das Gebäude der Schleizer Zeitung. Insgesamt 51 Gebäude erlitten Totalschaden, 54 schwere und 55 leichte Beschädigungen. Der Gesamtschaden wurde auf über 2,5 Millionen Mark geschätzt. Zahlreiche Kulturdenkmäler wurden vernichtet bzw. beschädigt.

Originaltext aus der “Air Force Historical Research Agency“

JEZO V ITA NR 23/08 O P OP  T- SELF ADDRESSEES/FROM: 9TH BONBARDMENT DIVISION (M) 081600B /TO:(1) 9TK AF (MAIN) (2)  SHAEF AIR (MAIN) (3) SHAEF AIR (STANMORE) (4) AIRMIISTRY WHITEMALL (WAR ROOM) 410, BG 41 A 20/34 DROPPING 135 X 502 GP ON MUNCHEN-BERNSDORF OIL  STORAGE /J 940541 . 7 DROPPING 28 X 500 GP OF POSSNECK /7204000 WITH EXEELLENT RESULTS ON BOTH TARGXOS TOT 09440954, AND 1003 RESPECTIVELY. 416, BG 44  A 26/42 DROPPING 839 x 150 ON MUNCHEN-BERNSDORF/OIL STORAGE J 940541, 1 DROPPING 20 X 150 GP ON TOWN OF REINSTADT WITH RESULTS UNOBSERVED DUE TO SMOKE FROM EARLIER      ATTACKS. 1 A/C CATEGORY A DAMAGE BY MID AIR EXPLOSION OF /1 X 150 GP XXXX FROM FORMATION. TOT 09550 958. 1 FAILED TO BOMB- SEE MECHANIGAL. 409 BG 38 A 25/13 DROPPING 259x 150 GP ON MUNCHEN-BERNSDORF OIL STORAGE 25 DROPPING 500 x 150 GP ON SCHLEIZ-V TOT 1021-, 1013 1025  RESPECTIVEL.                                                                                                                      

Nach weiter Informationen der AFHRA, B 5698, Mission File 8 April 1945 Summary of Operation 9th Bombardment Division (M) 8. April 1945-Statistics Narrative:  09.14Uhr: Von 37 A-26 der 386, BG warfen 35 Flugzeuge aus 2300 bis 2800 Meter Höhe 560 Pfund schwere Sprengbomben ab. Zwei Maschinen mussten wegen technischer Probleme abbrechen. 09.44Uhr: Von 41 A-20 der 410. BG warfen 34 Maschinen aus 2500-2800 Metern Höhe 136 500 Pfund Sprengbomben. Bombeneinschläge im Pumpenhaus wurden beobachtet. Sieben Maschinen der409th BG bombardierten irrtümlich Pößneck, statt des Zweitziels Schleiz, auf das sie ausweichen wollten. 09.55Uhr: Von 44 A-26 der 416. BG warfen 43 aus 2500-2800 Meter Höhe 859. Eine Maschine keinen Abwurf wegen technischer Probleme. 10.13Uhr: Von 38 A-26 der 409. BG warfen 13 aus 2500-2800 Meter Höhe 500 Sprengbomben mit 150 Pfund Gewicht, 25 Flugzeuge steuerten das Ziel Schleiz an.                        

Auch einem damaligen Mitglied der Feuerschutzpolizei (Feuerwehr), Siegfried W., der später ins Emsland zog, standen die Zerstörungen im Schlossbereich noch lange vor Augen. Als die Sirenen heulten, eilte er zum Einsatz ins Rathaus. Auf dem Weg von dort zum Feuerwehrgerätehaus schwoll das Dröhnen in der Luft immer stärker an. Als er nach oben blickte, durchzuckte „es ihn eiskalt“, denn die Bomben kamen direkt auf ihn zu. Kaum hatte er das Tor des Feuerwehrgerätehauses aufgerissen, warf ihn auch schon der Luftdruck der Explosionen in das Innere des Raumes und ließ gleich das Tor wieder zu krachen. Er hastete zum Rathaus zurück. Die aufsteigenden Rauchwolken zwangen zum Handeln, doch die Wasserversorgung über Hydranten funktionierte nicht mehr, da die Hauptwasserleitung zerstört war. Die Wisenta musste herhalten. Nachdem die ersten Maßnahmen zu Brandbekämpfung getroffen waren, begab sich der Feuerwehrmann zusammen mit Oberbürgermeister Seyferth, Kreisbrandmeister Schleier sowie Ortsbrandmeister Zimmermann die kurze Strecke zum Schloss hinauf, um einen Überblick zu gewinnen. „Trümmer und Tote vor dem Schlosseingang. Die Männer eilen durch den Schlosshof zum Nordturm, aus dem Qualm Wolken dringen und Feuer zu sehen ist. Noch können sie die breite Holztreppe hinaufgehen. Die Feldküche im unteren Bereich des Turms. war getroffen worden. Der darüber liegende Kirchenraum hat schon stand im Vollbrand. |...|Als sie die vorletzte Stufe erreichen, stürzt hinter ihnen der Treppenaufgang zusammen.“ Zu retten war nichts mehr. „Ohne Wasser ist man machtlos. Südlich vom Schloss zum Park hin stehen wie zum Hohn 16 Feuerwehrfahrzeug der Eisenacher Berufsfeuerwehr. Nur eines hat den Luftangriff unbeschadet überstanden, kann jedoch wegen der Bombentrichter und Blindgänger nicht eingesetzt werden. Oft wurde diskutiert, was dieser Angriff eigentlich bewirken sollte. Ein richtiger Bombenangriff wie die Alliierten ihn üblicherweise durchführten, war dieses nicht. Dann würde im Zentrum kein Stein mehr auf dem anderen stehen. Ein Notabwurf kam auch nicht in Frage, da angeblich beobachtet wurde, das aus einem großen Verband sich zwei Maschinen lösten, sehr niedrig den Angriff durchführten um danach wieder auf Höhe und den alten Kurs zu gehen. Also, welche Möglichkeit blieb übrig? Wahrscheinlich hatten die Alliierten einer falschen Information zu Folge einige mögliche Ziele angegriffen, in denen sie etwas Wichtiges vermuteten. Es könnte die SS-Einheit gewesen sein, welche sie in diesem Fall aber überbewertet haben. Da eine Live Spionage nicht möglich war, konnten durchmarschierende Truppen für ortsgebundene Streitkräfte gehaltern werden.

 

Gefunden im Stadtarchiv Schleiz von Ingo Möckel in Ortschronik Schleiz (Augenzeugenberichte),

Auszüge aus „Günter Sagan: Ostthüringen im Bombenkrieg 1939–1945. Imhoff-Verlag, Petersbergund Interaktion mit der „Air Force Historical Research Agency“ 600 Chennault Circle Maxwell AFB, AL 36112

 

Foto: Schleiz zum Zeitpunkt der Bombardierung